Hyperfantastische Berliner Fußballgeschichten
BFC Preussen Berlin III – Steglitzer FC Stern 1900 III 7-2
Samstag, 17.05.2014 | Preussen-Stadion Nebenplatz | Lankwitz | 13. Liga | 20 Zs.
Eine Dröhnung zu viel Profifußballvorberichterstattung schien die Trikotnummer Elf der Preussen abbekommen zu haben; mit riesigen Kopfhörern, groß wie ein Baustellen-Gehörschutz, flanierte er am Platz entlang, entledigte sich an der Auswechselbank lässig seiner Trainingsjacke und der Musikkulisse und begab sich behäbig zur Mittellinie, wo bereits 21 andere Spieler auf ihn warteten. Die Zuschauer, einer weniger denn Spieler, versammelten sich am Außenzaun des ehrwürdigen Preussen-Stadions – dem wohl schönsten Stadion Berlins – um von dort auf den Kunstrasen zu glotzen. Obwohl noch ein kleiner Wall die Seitenlinie umgab, war ein Betreten dieses Bereiches nicht gestattet. Dass der Schiri es Ernst mit dieser Liebe zur Ordnung meinte, zeigte sich noch vor Anpfiff, als er die sich vor der Auswechselbank hingefläzten Ersatzspieler im ernsten Ton aufforderte, ihre Hintern auf den dafür vorgesehenen Bänken zu platzieren.
Auffällig viele Spielerfrauenmütter befanden sich unter den Kiebitzen, die Akteure schienen also scharf zu schießen. Zwei der Damen waren augenscheinlich kaum 18, die Kinder aber schon zwei bis drei Jahre alt – der Berliner Süden unterschied sich in diesem Punkt nicht allzu sehr vom Osten.
Bei der ersten Freistoßsituation beorderte der Steglitzer Torwart „vier Mann in die Mauer“, bei seiner anschließenden Reaktionsschnelligkeit hätte er mal lieber zehn Spieler dorthin geschickt – und sich selbst; null zu eins.
Als der Schiri die erste Halbzeit für beendet erklärte, lag Preussen bereits drei zu null in Front und die Gäste verblieben zum Pausentee gleich auf dem Platz. Und hier wurde es laut, die eigene Unfähigkeit wurde mit Schuldzuweisungen von Spieler zu Spieler weitergewiesen. Dem Kapitän der blau-gelben reichte es schließlich; er zog sich demonstrativ die Schuhe aus und verkündete: „das tue ich mir nicht mehr an“. Nun beschwichtigten ihn die anderen, bis die Schnürsenkel wieder gebunden waren, um sich anschließend aber erneut und beherzt die Meinung zu geigen. Den Höhepunkt erreichte das etwas andere Taktikgespräch, als ein Spieler sich jegliche Kritik mit dem Zusatz verbat: „Und guck mich nicht so an als ob Du schwul wärst. Und ich auch“.
Das war doch mal ein Halbzeitprogramm; besser als ein Torwandschießen zwischen einem undefinierbaren Wollknäuel von Maskottchen und einem torkelnden Glückskind aus der Fankurve, begleitet durch halbtänzelnde halbstolpernde Minderjährige in Ganzkörperleggins und Pompons. Kurz vor Anpfiff der finalen 45 Minuten rauften sich die Steglitzer wieder zusammen, formten einen Kreis und beschworen den Teamgeist und den Fußballgott.
Das Spiel ging 2:7 verloren.