Hyperfantastische Berliner Fußballgeschichten
SG GW Baumschulenweg – BSV Hürriyet Burgund II 10-1
Samstag, 21.06.2014 | Willi-Sänger-Sportanlage | Baumschulenweg | 10. Liga | 10 Zs.
Kanonenfutter zum Abschluss. Zwar standen die Grün-Weißen selber nur auf Platz 10 der 13er Liga und der Abstand zum Schlusslicht betrug letztlich doch nur überschaubare 15 Punkte, jedoch differenzierte das Torverhältnis um weniger schlanke 107 Tore. Die Marschrichtung war vom Teufel Statistik also klar vorgegeben – nur ihrem mathematischen Schicksal fügen, das wollten sich die frankophilen Osmanen nicht. Zwar trabten nach den ersten 45 Minuten nur noch zehn Spieler in Richtung Kabinentrakt, dafür dürfte das 1 zu 1 aber in den verrauchten Hinterzimmern der Wettbüros mit einem asiatischen Lächeln quittiert worden sein. Anleitende Worte wie die verbliebenden zehn mit diesem Glücksgefühl umzugehen haben, konnte es aber nicht geben. Weder Trainer noch Betreuer waren aus Marienfelde angereist. Aus Sicht eines S-Bahn-Fahrers sicherlich nachvollziehbar. Die Heimstätte – die herrlich gammlig in die Jahre gekommene Willi-Sänger-Sportanlage – lag zwar nah an der S-Bahnstation Baumschulenweg, jedoch war diese nur auf Netzplänen existent. Hier hielt der SEV öfter als die ratternden gelb-roten Museumsstücke.
So kam es wie es kommen musste: 2 zu 1, 3 zu 1 und schließlich begannen die Sicherungen durchzubrennen. Leider nicht im Vereinsheim nebenan, das teutonische geschmückt, die schon vereinzelnd in dreifarbiger Kampfmontur Anwesenden mit einem Wolfgang-Petry-CD-Konzert auf das abendliche Gebolze einstimmte, nein, bei einem rüpelhaften Gast. Die Aufmerksamkeit, die ihm nun von zwanzig zuschauenden Augen geschenkt wurde, reichte ihm aber nicht. Ganz und gar nicht einverstanden mit der Entscheidung des Spielleiters, wollte er ein Zeichen für Schiedsrichtergewalt setzen und holte erst mit dem abgestreiften Trikot dann mit den Händen aus. In panischer Angst floh der Unparteiische zur Seitenauslinie und gab zu Protokoll: „Er hat mich geschlagen, ich pfeife hier ab.“. Hilfe von der Seitenlinie konnte er aber nicht erwarten, Assistenten waren in dieser Liga eine Budgetbombe. Selbige Funktion kam während der bisherigen Minuten dem einzigen Wechselspieler des BSV Hürriyet Burgund zu, der aber mehr Interesse an Kommunikation, denn am Abseits zu haben schien – an seinem Smartphone war er aktiver als an der Fahne. Nun kamen aber die Heimspieler angelaufen und versuchten den Bedrohten zu beruhigen, ihn von einer regulären Beendigung dieses Matches zu überzeugen. Als dann auch noch der Kapitän der Gäste versicherte, das Gekicke fair zu Ende spielen zu wollen, ging es weiter – nun aber nur noch auf ein Tor.
Und schnell wurde klar, welche Intention die Grün-Weißen hatten: Sie wollten ihrem Kapitän einen Treffer auflegen. Äußerlich eher als Jockey in Altersteilzeit zu vermuten, kämpfte dieser verbissen um einen Torerfolg. Aber was auch von der Mannschaft versucht wurde, er scheiterte. Quasi als Nebenprodukt fielen sieben weitere Tore, aber die Krönung einer sicherlich imposanten Karriere in der Kreisliga blieb aus. Und so gab es also weder auf Heim- noch auf Gästeseite plausible Gründe, ausgiebig die Sektkorken nach dem Saisonfinale knallen zu lassen und doch rief die Ankündigung im Vereinsheim – 25 Liter Freibier ab neun Uhr des folgenden Sonntags zum Aufstiegsspiel zur Tennisverbandsliga zwischen den Treptower Teufel und dem TC Weißensee – nach einer durchzechten Nacht. Dass im Event-Zeitalter nicht nur Siege und Erfolge gefeiert werden müssen, zeigten dann aber ohnehin die Public-Viewing-Hooligans, als sie das abendliche 2 zu 2 gegen Ghana gebührend mit einem Autokorso auf dem Ku’damm feierten.